Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für den Erhalt der Praxisgebühr ausgesprochen. Die Kanzlerin sehe die Gebühr nicht zur Disposition gestellt, zitiert die dpa Regierungssprecher Steffen Seibert. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hingegen hält die Gebühr für überflüssig, wie ein Sprecher demnach bekräftigte.
Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, hat am Wochenende die vollständige Abschaffung der Praxisgebühr gefordert. „Krankenkassen und Gesundheitsfonds stehen derzeit finanziell sehr gut da. Es gibt keinen Grund, den Kranken sinnlos in die Tasche zu greifen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Außerdem verhindere die Praxisgebühr keine unnötigen Arztbesuche und steuere Patientenströme nicht. „Sie ist schlicht ein Ärgernis – für Kranke und für Ärzte.“
Die Abgabe von zehn Euro, die seit 2004 jeder Patient beim ersten Arztbesuch im Quartal bezahlen muss, bringe zwar jährlich zwei Milliarden Euro ein. Doch Baas hält diese Einnahmen für verzichtbar. Mit der Abschaffung würden nicht nur Patienten unmittelbar entlastet, sondern auch die Ärzte, weil überflüssige Bürokratie wegfiele. „Und nebenbei: Mit dem sinnlosen Ausstellen von Überweisungen auf Vorrat wäre auch endlich Schluss“, sagte Baas.
Unterstützung erhielt Baas heute vom hessischen Sozialminister Stefan Grüttner (CDU). "Mittlerweile ist offensichtlich, dass die erhoffte Steuerungswirkung nicht eingetreten ist", sagte er heute in Wiesbaden. FDP, SPD, Grüne und Linke fordern seit längerem die Abschaffung der Praxisgebühr. Die Union lehnt dies bislang ab. 77 Prozent der Deutschen sind laut einer repräsentativen Emnid-Erhebung für „Bild am Sonntag“ für die Abschaffung, nur 20 Prozent wollen die Gebühr beibehalten.
Der Bundesverband der Arbeitgeberverbände (BDA) macht sich dagegen für eine Praxisgebühr von fünf Euro je Arztbesuch stark. So solle die Zahl der Arztbesuche reduziert werden, zitiert die „FAZ“ aus einem BDA-Papier. Die Arbeitgeber kritisierten zudem die Forderung von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), die Praxisgebühr ganz abzuschaffen: Wer die Streichung der Gebühr als finanzielle Entlastung verkaufe, der täusche die gesetzlich Versicherten. Die Gebühr sei Teil des Arzthonorars.