Der Generalsekretär der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas und Vorsitzende von Dignitas Deutschland Ludwig Minelli hat angekündigt, Verfassungsbeschwerde einzulegen, sollte der kürzlich vorgelegte Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Verbot kommerzieller Sterbehilfe hierzulande Gesetz werden. Dann drohen mehrjährige Haft- und Geldstrafen für Menschen, die anderen gewerbsmäßig Gelegenheit zur Selbsttötung gewähren, verschaffen oder vermitteln. „Dignitas Deutschland vermittelt nicht, sondern gibt die Beratung in Richtung Leben oder – wenn es nicht anders geht – in Richtung Sterben an Dignitas Schweiz ab“, sagte Minelli der „Tageszeitung“ (TAZ). Die Weitergabe bloßer Informationen dürfe niemand verbieten.
Grundsätzlich verteidigte Minelli die kommerzielle Sterbehilfe. Eine Gefahr, dass alte Menschen in den Freitod getrieben werden könnten, sieht er nicht. „Wer am Leben hängt, kommt nicht zu Dignitas. Wer aber ein jahrelanges Dahinvegetieren im Pflegeheim vermeiden will, sagt sich: Das dafür erforderliche Geld ist in der Ausbildung von Enkeln besser angelegt.“ Das sei vernünftig und anerkennenswert, wenngleich Kirchen, die an Pflegeheimen Geld verdienten, das natürlich anders sähen. „Wer fragt nach deren kommerziellen Interessen?“
Auch den Vorwurf, den Tod durch die Sterbehilfe als bezahlte Dienstleistung zu banalisieren, wies Minelli zurück. Die meisten Sterbewilligen kämen mit Angehörigen oder Freunden. „Oft werden in den letzten Stunden noch wichtige Gespräche geführt, alte Konflikte bereinigt. Der Sterbewillige geht in Frieden. Die Angehörigen können den Tod leichter überwinden.“
Das geplante Gesetz in Deutschland schadet dem Geschäft von Dignitas laut Minelli nicht. Seit Jahresbeginn habe die Organisation 400 neue deutsche Mitglieder aufgenommen. „Öffentliche Diskussion ist die beste Werbung für uns.“ Zudem sei der Rückhalt in der Bevölkerung groß. So hätten vergangenes Jahr bei einer Volksabstimmung über die Suizidbelgeitung im Kanton Zürich, wo Dignitas angesiedelt ist, 85 Prozent einen Verbotsantrag abgelehnt und 78 Prozent einen Antrag zurückgewiesen, nur noch Schweizer Bürgern das Recht auf Sterbehilfe zuzugestehen.