Nach dem Auftakt des Mediationsverfahrens im Streit um die Vergütung der häuslichen Krankenpflege in Mecklenburg-Vorpommern ist die Schlichterin, die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), optimistisch, innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Einigung zu erzielen. „Ich habe den Eindruck gewonnen, dass beide Seiten an einer Lösung interessiert sind“, sagte Schmidt nach dem ersten Gespräch mit Vertretern der AOK Nordost, des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Schwerin.
Am Donnerstag und Freitag will Schmidt in Berlin zunächst Einzelgespräche mit den Verhandlungspartnern führen und dann in gemeinsamer Runde nach einem Kompromiss suchen. AOK Nordost-Chef Frank Michalak zeigte sich nach dem gestrigen Auftakt der Mediation optimistisch, mahnte aber zugleich, dass alle Beteiligten zu einem sachlich-konstruktiven und faktenbasierten Dialog zurückkehren müssten. bpa-Landesbeauftragter Sven Wolfgram betonte, die Mediation sei eine Chance, „schnell zu einer Lösung zu kommen, die die Existenzen der Pflegedienste und der Pflegekräfte sichert“. Aus Sicht der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege kann das Ziel der Verhandlungen nur sein, „eine angemessene Vergütung der ambulanten Pflegedienste im Land sicherzustellen“ und nicht die im Schiedsspruch berücksichtigten Zeitansätze, wie Sprecher Bernd Tünker sagte.
Zeitgleich zum gestrigen Gespräch der Verhandlungspartner demonstrierten nach Angaben des NDR rund 400 Pflegekräfte vor der Niederlassung der AOK Nordost. Für den 3. September haben mehrere Pflegeverbände aus Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg zu einer Demonstration in der Hauptstadt aufgerufen. Im Anschluss an eine Kundgebung vor der Niederlassung der AOK wollen sie vor das Bundesgesundheitsministerium ziehen und dort 46.000 Unterschriften gegen die Vergütungsabsenkungen in Mecklenburg-Vorpommern übergeben.
Der Streit um die Vergütung in der häuslichen Krankenpflege im Nordosten Deutschlands schwelt seit 2009. Weil sich die Pflegedienste und Krankenkassen nicht hatten einigen können, kam es zu einem Schiedsspruch mit neuen Vergütungsregeln, der seit August gültig ist. Pflegeverbände sprechen danach von bis zu 18 Prozent Umsatzeinbußen, die Kassen von Einsparungen von rund fünf Prozent.
Gemeinsam werfen die Pflegeverbände aus Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg der AOK vor, seit dem Zusammenschluss der Allgemeinen Ortskrankenkassen in den drei Ländern zur AOK Nordost, eine monopolartige Stellung erreichen zu wollen, um so besser Druck auf die Preise der Pflegedienste ausüben zu können. So seien die Vergütungen in Berlin seit 2007 nicht mehr erhöht worden, die letzten Verhandlungen 2011 an den Absenkungsforderungen der Kasse gescheitert. In Brandenburg hätten private Verbände gegen einen Schiedsspruch geklagt, die gerichtlichen Verfahren seien aber seit Jahren anhängig, die laufenden Verhandlungen überwiegend ergebnislos. In Mecklenburg-Vorpommern sei die Konfrontation nach dem umstrittenen Schiedsspruch am schärfsten.