Der Gesundheitsexperte und ehemalige Berater der Bundesregierung Gerd Glaeske hat die Streikdrohungen und Honorarforderungen der Ärzteschaft kritisiert. Im Interview mit dem Radiosender „HR Info“ sagte Glaeske, dass Problem sei nicht eine zu geringe Honorarsumme, sondern die Umverteilung der Gelder innerhalb des selbstverwalteten Systems. So würden beispielsweise Mediziner, die viele technische Leistungen erbrächten, wie Radiologen oder auch Orthopäden, die viele bildgebende Verfahren abrechneten, prinzipiell besser entlohnt als Kollegen, die mehr Zeit auf ihre Patienten und der Beratung verwandten. Daraus erkläre sich auch, warum die Hausärzte und ihre Verbände sich weitgehend nicht an den Streikaufrufen beteiligten.
Glaeske riet den Ärzten, sich lieber zu fragen, wie diese Ungleichheiten reformiert werden sollten, anstatt nur nach mehr Geld zu verlangen und mit Praxisschließungen die Auseinandersetzung auf dem Rücken der Patienten auszutragen. Ein höheres Budget ändere nichts an den teilweise signifikanten Einkommensunterschieden zwischen den einzelnen Arztgruppen. Seit 2007 hätten die Mediziner insgesamt Honorarerhöhungen von rund 30 Prozent erhalten.
Glaeske ist Pharmazeut und hat eine Professur für Arzneimittelversorgungsforschung an der Universität Bremen. Von 2003 bis 2010 war er Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.