Bundesgesundheitsminister Bahr (FDP) hat für den Aufschub der Überarbeitung des umstrittenen Finanzausgleichs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Kritik aus den eigenen Reihen geerntet. Wie das „Handelsblatt“ heute meldet, forderte FDP-Gesundheitsexperte Lars Lindemann den Minister auf, die entsprechende Anweisung an das Bundesversicherungsamt aufzuheben. „Es droht ein großer Schaden, wenn Bahr nicht handelt“, zitiert die Zeitung Lindemann. Dieser sei zudem der Auffassung, dass die Techniker Krankenkasse (TK) nur deshalb die von Bahr lange geforderte Prämie an ihre Versicherten ausschütte, weil der Minister die Korrekturen am Morbi-RSA verhindert habe.
Denselben Vorwurf hatte vergangene Woche auch die „taz“ erhoben, mit der Begründung, dass die TK mit ihrer überwiegend jungen und gesunden Klientel von dem vielfach kritisierten Methodenfehler im Morbi-RSA profitiere. Lindemann wies laut dem Bericht des „Handelsblatt“ von heute hingegen auf die Situation der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) hin, denen ein jährlicher Schaden von rund 300 Millionen Euro entstünde. Allein der Brandenburger AOK fehlten 75 Millionen Euro im Jahr. „Ich fürchte, die Kasse braucht einen Zusatzbeitrag, wenn Bahr nichts tut“, zitiert die Zeitung Lindemann.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verteidigte die Weisung an das Bundesversicherungsamt hingegen gestern in einem Bericht an den Bundesgesundheitsausschuss. Stellungnahmen zu dem Entwurf für die Überarbeitung von Verbänden und Kassen hätten gezeigt, dass es „kein einheitliches Bild“ gebe, zitierte die „Ärzte Zeitung“ heute aus einer dem Ausschuss präsentierten Vorlage von Staatssekretärin Ulrike Flach. Zudem habe der GKV-Spitzenverband selbst empfohlen, weitere Punkte in eine Reform des Morbi-RSA aufzunehmen, etwa die Standardisierung von Krankengeldausgaben. Das BMG hatte den Aufschub bereits früher damit begründet, dass es keinen akuten Handlungsbedarf sehe und darum sämtliche Punkte in einem „Gesamtpaket“ zu einem späteren Zeitpunkt angehen wolle.