Der neue Chef des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Ferdinand Gerlach, hat sich für ein grundsätzliches Umdenken in der Leistungsvergütung ausgesprochen. „Unser System setzt noch stark auf Anreize, die Mengen belohnen“, sagte er im Interview mit der „Wirtschaftswoche“, etwa wenn Chefärzte Boni für wirtschaftlichen Erfolg erhielten, weil sie mehr Operationen durchführten. „Überspitzt gesagt ist dies ein Anreiz, die Menschen krank zu halten“, sagte Gerlach. So würden in Deutschland beispielsweise doppelt so viele Linksherzkatheter pro Bewohner eingesetzt wie in der Schweiz, was auf eine mögliche Überversorgung hinweise.
Gerlach hielte es für sinnvoller, wenn die Beteiligten ein größeres Interesse daran hätten, die Menschen gesund zu halten, statt sie immer weiterer Therapien zu unterziehen. „Ein Weg wäre, dass sich Anbieter zur integrierten Versorgung zusammenschließen, gemeinsam Verantwortung für die Gesunderhaltung der Versicherten übernehmen und dann ihre Kraft auf die Patienten richten, die tatsächlich krank und bedürftig sind.“ Statt nach der Menge der Behandlungen müsste die Honorierung dann pro Kopf erfolgen. „Dazu muss aber die Qualität der Behandlungen gesichert werden und der Zugang allen offenstehen“, so Gerlach.