Der Bundesverband Pflegemanagement hat erneut Kritik an Direktqualifikationen für die Intensivpflege geübt, mit der Schulabgänger direkt zur Fachkraft ausgebildet werden statt den üblichen Weg über die Grundausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege, zwei Jahre Berufserfahrung und eine zweijährige Fachweiterbildung zu gehen. Ein solches Ausbildungsmodelle werde etwa vom Klinikverbund Südwest angeboten, der Absolventen mit Mittlerer Reife innerhalb von drei Jahren direkt zur Intensivpflegefachkraft (IPK) ausbilde. Aus Sicht des Verbandes handelt es sich um eine „Schmalspurausbildung“, die zur Gefährdung der Patientenversorgung führen könnte.
„Die hochkomplexen Versorgungsprozesse auf einer Intensivstation erfordern eine fundierte Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege und eine entsprechende Weiterbildung für den Intensivbereich, die darauf aufbaut“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Pflegemanagement Peter Bechtel gestern in Berlin. Das könne nicht in drei Jahren vermittelt werden. Zudem stelle sich die Frage, ob man der Verantwortung gegenüber jungen Menschen gerecht werde, wenn man sie mit 18 Jahren zum Beispiel auf einer neurologischen oder herzchirurgischen Intensivstation einsetze. „Die physische und psychische Belastung im Bereich der Intensivpflege ist so hoch, dass es aus meiner Sicht fast fahrlässig ist, junge Menschen, die gerade die allgemeinbildende Schule verlassen haben, dort einzusetzen“, so Bechtel. Darüber hinaus sei die Ausbildung nicht staatlich anerkannt, sodass sie ausschließlich zur Arbeit für den Ausbildungsträger qualifiziere.
Direktausbildungsmodelle wie das des Klinikverbundes Südwest sind aus Sicht des Verbandes eine Folge der Einsparungen und Stellenstreichungen in den deutschen Krankenhäusern seit der Einführung des Fallpauschalensystems DRG. Allein 2010 fehlten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 140.000 Vollzeitstellen in der Pflege, und laut dem Pflege-Thermometer 2012 des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (dip) sind zwei Drittel der Intensivstationen personell unterbesetzt oder nur mit unzureichend qualifiziertem Personal ausgestattet. Diesem Mangel versuchen Träger mit Direktausbildungen wie dem des Klinikverbundes Südwest entgegenzuwirken. Die Wurzel des Problems werde damit aber nicht erfasst, kritisiert der Bundesverband Pflegemanagement. Erstes Ziel zur Gewinnung neuer Mitarbeiter müsse die Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf den Intensivstationen sein. „Und wir brauchen mehr Konzepte, wie wir junge Kollegen nach dem Examen langsam und sicher in die Intensivpflege einführen“, so Bechtel, der eine wesentliche Ursache für den Personalnotstand auch im schlechten Image des Pflegeberufs sieht. Auch in der Intensivpflege spiele das Thema der fehlenden Wertschätzung seitens der Ärzte eine erhebliche Rolle.