Das Bundeskabinett hat vergangene Woche einen Entwurf für die Neureglung des Betreuungsgesetzes beschlossen. Menschen, die aufgrund einer Erkrankung keinen freien Willen bilden oder den Nutzen einer medizinischen Behandlung nicht erkennen können, sollen so künftig zwangsbehandelt werden können. Dazu notwendig ist neben der Einwilligung des Betreuers auch die Genehmigung durch einen Richter. Anwendbar ist die Neuregelung laut Entwurf aber nur, wenn der Betroffene stationär untergebracht ist, die ärztliche Zwangsmaßnahme erforderlich ist, „um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden“, es keine Alternative gibt und der zu erwartende Nutzen „die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt“. Der richterliche Beschluss muss zudem konkrete Angaben zur Durchführung der Maßnahme und ihrer Dokumentation enthalten und ist jeweils auf sechs Wochen begrenzt.
Mit dem Entwurf reagiert das Bundesjustizministerium (BMJ) auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom Juni. Die Karlsruher Richter hatten bemängelt, dass die gegenwärtige Gesetzgebung unzureichend sei, um unter Betreuung stehende Menschen gegen ihren Willen medizinisch behandeln zu lassen. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach von einer konkreten Hilfe für Betroffene. „Wenn jemand wegen einer Krankheit seinen freien Willen verliert, muss der Staat zum Wohle des Patienten helfend eingreifen können.“ Die Nichtbehandlung könne etwa bei psychisch Kranken zu einem schweren oder längeren Verlauf einer akuten Krankheitsperiode führen oder unter Umständen auch zu einer deutlichen Verlängerung der Unterbringungszeit einschließlich zusätzlicher Maßnahmen wie Fixierungen. Die Neuregelungen knüpften an die bisherige Rechtsprechung an und sorgten zudem auch dafür, dass Ärzte künftig nicht mehr sehenden Auges eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Patienten hinnehmen müssten.
Die vom Kabinett beschlossene Formulierungshilfe für die Änderung des Betreuungsgesetzes steht auf den Internetseiten des BMJ zur Verfügung.