Das Universitätsklinikum Jena hat erstmals in Deutschland die Zahl der Krankenhausinfektionen in einem gesamten Klinikum erfasst. Mit der vom Bundesforschungsministerium geförderten ALERTS-Studie sollen die Voraussetzungen für eine Evaluierung und Präventionsstrategien gegen die nosokomialen Infektionen geschaffen werden. In der nun abgeschlossenen ersten Phase wurden von September 2011 bis August 2012 Daten von 38.098 Patienten auf 27 Normalstationen und vier Intensivstationen erhoben. Für die bereits ausgewerteten ersten sechs Monate wurden 823 nosokomiale Infektionen verzeichnet, was einer Neuerkrankungsrate von 4,3 Prozent entspricht.
„Damit können wir die bisherigen Expertenschätzungen für deutsche Kliniken bestätigen und erstmals wissenschaftlich untersetzen“, sagte Studienleiter Frank Brunkhorst am Freitag in Jena. Zudem lägen nun Ausgangswerte vor, mit denen sich der Effekt von Präventionsmaßnahmen ermitteln ließe. Dies soll in einer Interventionsphase geschehen, in der ergänzend zu den bestehenden Hygieneregeln ein Bündel von jeweils vier bis fünf Maßnahmen gegen die vier häufigsten nosokomialen Infektionen zum Einsatz kommen soll: die Beatmungspneumonie, Katheterinfektionen, postoperative Wundinfektionen und Harnwegsinfektionen. „Wir wollen Maßnahmenbündel schnüren, die im Alltag auch umsetzbar sind. Deshalb fassen wir jetzt die für die jeweilige Infektion vielversprechendsten Maßnahmen zusammen, zur Verringerung der katheterassoziierten Infektionen etwa die kritische Prüfung der Notwendigkeit, die strikt aseptsiche Anbringung und die rechtzeitige Entfernung von Venenkathetern“, sagte Studienkoordinator Stefan Hagel. In der zweiten Surveillance-Phase, die im März 2013 startet und im Februar 2015 endet, werde dann getestet, ob sich eine Reduzierung der Infektionen „auch unter ‚real life‘-Bedingungen in einem großen Klinikum“ erreichen ließe.
Parallel soll zudem ein exakteres Risikoprofil formuliert werden, um spezielle Patientengruppen noch gezielter und wirksamer schützen zu können. „Es ist unser Ziel, die Krankenhausinfektionen an unserem Klinikum nachhaltig um 20 Prozent zu reduzieren“, so Brunkhorst.