Der neue Vorstand der krisengebeutelten Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) Rainer Hess hat seinem Vorgänger Günter Kirste und Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery widersprochen, dass hinter dem Skandal um Manipulationen bei der Organvergabe die kriminelle Energie Einzelner stecke. „Ich weiß von dem Druck auf die Ärzte, die zusehen, dass sie ihren Arbeitsplatz erhalten, dass ihr Krankenhaus gut dasteht. Da würde ich die kriminelle Energie, ehrlich gesagt, kleinschreiben“, sagte Hess in einem heute veröffentlichten Interview mit dem „Spiegel“. Er sehe die Verantwortung mindestens auch bei der Klinikverwaltung und im System der Finanzierung. Letzteres fördere „unmedizinisches Verhalten“ und setzte Fehlanreize.
Er sprach sich gegen ökonomische Zielvereinbarungen aus, die nichts mehr mit Medizin zu tun hätten. „Natürlich haben wir Budgets, natürlich ist es notwendig, Krankenhäuser wirtschaftlich zu führen – die Folge darf aber nicht sein, dass Ärzte Dialysen erfinden, die nicht stattgefunden haben.“ Behauptungen, Organtransplantationen seien für Kliniken nicht lukrativ kann Hess nicht nachvollziehen. Es stehe fest, dass die Fallpauschalen in diesem Bereich relativ hoch seien.
Eine Reduzierung der Transplantationszentren, wie sie von manchen Experten gefordert wird, hält der langjährige Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses für schwer umsetzbar. Er plädiert stattdessen für eine bessere Qualitätssicherung. Jede Klinik solle zunächst die Chance erhalten, Organe zu transplantieren. Rechne sich das nicht, müssten die Länder überlegen, Zentren zusammenzulegen.