Der Deutsche Pflegerat (DPR) und seine Mitgliedsverbände haben Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Offenen Brief davor gewarnt, die Belange der Pflegenden in Deutschland als Wahlkampfthema zu missbrauchen. Der drohende Pflegenotstand und die bereits teilweise prekäre Situation der etwa 1,2 Millionen in der Pflege beschäftigten Menschen seien drängende gesamtgesellschaftliche Probleme. Es brauche ein parteiübergreifendes Engagement, um die erforderliche Neustrukturierung der Profession und des Gesundheitssystems unabhängig von Legislaturperioden, Regierungskoalitionen und individuellen Parteiinteressen umzusetzen.
Eine Neuauflage des Pflegeförderprogramms aus den Jahren 2009 bis 2011, um 15.000 neue Stellen in den Krankenhäusern zu schaffen, mache nur Sinn, wenn aus den damals gemachten Fehlern gelernt werde. Nachweislich seien deutlich weniger Stellen entstanden als geplant und auch überwiegend nur im Teilzeitbereich. Zudem müsse ein solches Programm Bestandteil eines Gesamtkonzeptes sein. Sonst könne das eigentliche Problem des Fachkräftemangels in der Pflege nicht gelöst werden.
Konkret spricht sich der DPR für ein Strukturgesetz für die Pflegeberufe aus, das die Rolle der Berufsgruppe in der ambulanten und stationären Versorgung verbindlich regeln soll. Dieses müsse aber wiederum Teil eines sektoren- und professionsübergreifenden Strukturkonzepts für die Gesundheitsversorgung insgesamt sein. Nur so könne die verlässliche und qualitativ hochwertige Versorgung der älterer und pflegebedürftiger werdenden deutschen Bevölkerung auch für die nachfolgenden Generationen sichergestellt werden.
Das Strukturgesetz müsse darauf ausgerichtet sein, die Attraktivität der Pflegeberufe für Nachwuchs und Berufserfahrene zu steigern und die strukturellen Rahmenbedingungen anpassen: systematische Aus- und Weiterbildung, attraktive Weiterentwicklungs- und Karriereperspektiven, leistungsgerechte Entlohnung, eigenverantwortliche Handlungs- und Aufgabenbereiche je nach individueller Qualifikation, flexiblere Arbeitszeitmodelle und nicht zuletzt eine realistische und angemessene Personalausstattung. Dazu müssten insbesondere zwei Initiativen ergriffen werden: zum einen die Verabschiedung des bereits vorliegenden Entwurfs für das neue Berufsgesetz, das die gemeinsame Pflegeausbildung und die Verantwortlichkeiten der so qualifizierten Fachkräfte regelt, zum anderen die Etablierung der Selbstverwaltung der Pflege in Form von Pflegekammern in allen Bundesländern. Letzteres schaffe die Voraussetzung, damit die Gruppe der professionell Pflegenden berufsgruppen- und sektorübergreifend abgestimmte Lösungsvorschläge erarbeiten und in die politische Diskussion einbringen kann.
Um gemeinsam mit anderen beteiligten Berufsgruppen eine Entscheidungsvorlage für die beiden Strukturkonzepte erarbeiten zu können, plädiert der DPR für eine gemeinsame Arbeitsplattform, einen Pflegeberufe-Gipfel, „der diesen Namen tatsächlich verdient“.