Die Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Leiden hat 2012 einen neuen Höhepunkt erreicht. Zu diesem Schluss kommt die DAK-Gesundheit in ihrem aktuellen Gesundheitsreport, den sie heute in Berlin vorstellte. Zwischen 1997 und 2012 hätten sich die durch Depressionen und andere psychische Erkrankungen bedingten Fehltage mehr als verdoppelt. Besonders betroffen seien Arbeitnehmer im Gesundheitswesen. Statistisch gesehen hätten 100 von ihnen 2012 gut 300 Fehltage verursacht, etwa 100 Tage mehr als der branchenübergreifende Durchschnitt.
In den Report der Kasse flossen neben der Krankenstandsanalyse der eigenen Versicherten auch eine Befragung von mehr als 3.000 Arbeitnehmern und Ärzten ein. Als Ursachen für den Anstieg psychischer Diagnosen nannten die Mediziner Arbeitsverdichtung, Konkurrenzdruck und lange Arbeitszeiten sowie fehlenden sozialen Rückhalt außerhalb der Arbeitswelt. Allerdings gibt es aus Sicht von Frank Jacobi, Professor an der Psychologischen Hochschule Berlin, „keine Hinweise darauf, dass heute mehr Menschen psychische Störungen haben als vor 20 Jahren“. Auch die DAK selbst räumte heute ein: Die für den Bericht erhobenen Arbeitsunfähigkeitsdaten gäben zwar zuverlässig Auskunft über das Ausmaß psychischer Diagnosen bei Krankschreibungen, spiegelten aber nicht zwangsläufig die tatsächliche Verbreitung psychischer Erkrankungen wider. Viele Arbeitnehmer würden heute für psychische Leiden krankgeschrieben, während sie früher mit chronischen Rücken- oder Magenbeschwerden diagnostiziert worden seien.
„Das Bewusstsein und die Sensibilität von Ärzten und Patienten diesen Krankheiten gegenüber haben sich deutlich verändert“, sagte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher. Er forderte eine ehrliche und sachliche Debatte, um die Entwicklung vor allem in der Arbeitswelt bewerten zu können. Für die Betriebe seien die Arbeitsausfälle schwerwiegend, weil die psychischen Erkrankungen meist lange dauerten. Auch gebe es nach wie vor eine starke Stigmatisierung in der Arbeitswelt. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf für Betriebe und betroffene Mitarbeiter, das Thema mehr als bisher aus der Tabuzone herauszuholen“, so Rebscher.