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Gerlach sieht Verteilungs- statt Finanzierungsproblem

Das deutsche Gesundheitssystem krankt nicht an zu wenig Geld, sondern am Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung. Das schreibt der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen Ferdinand Gerlach in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die in diesem Jahr zur Verfügung stehenden 190 Milliarden Euro sollten ausreichen, um eine im internationalen Vergleich sehr gute Gesundheitsversorgung sicherzustellen, wenn die Mittel denn optimal eingesetzt würden.

Dass eben das nicht geschieht, führt Gerlach auf einige wenige Ursachen zurück. So belohne die Honorierung im ambulanten wie auch im stationären Versorgungsbereich „Krankheit, viele Kontakte und hohe Leistungsmengen“. Anbieter und Patienten zwinge das in ein Hamsterrad. „Die Zahl der Klinikbetten ist einwohnerbezogen höher als in jedem anderen Land der 27 EU-Ländern, die Fallzahlen und Leistungsmengen in deutschen Kliniken sind ebenfalls auf Rekordkurs“, bilanziert Gerlach. Doppelt so viele Linksherzkatheter würden hierzulande eingesetzt als in der Schweiz, bildgebende Verfahren unumstritten in viel zu hoher Frequenz und es gebe einen rasanten Anstieg von Wirbelkörperoperationen ohne Nutzenbeleg. Gleichzeitig seien die meisten niedergelassenen Ärzte „dort tätig, wo sie möglicherweise am wenigsten gebraucht werden: in überversorgten, wohlhabenden Bezirken unserer Ballungsräume.“ Dabei stünden einer wachsenden Zahl von Fachärzten immer weniger Hausärzte gegenüber, sodass die Versorgung gerade auf dem Land, aber auch die Koordination und Betreuung für chronisch und mehrfach Kranke in den Großstädten gefährdet sei. Auch in den Pflegeberufen entwickele sich ein eklatanter Fachkräftemangel, was ebenfalls zur Unterversorgung vor allem in strukturschwachen Regionen beitrage.

Der Sachverständigenrat schlage ein Zukunftskonzept zur Bewältigung der Fehlanreize und Versorgungsprobleme vor, in dessen Fokus der Übergang vom traditionellen „sektor- und anbieterorientierten System zu einer populationsorientierten, sektorübergreifenden Versorgung“ stehe. Danach sollen Kliniken, Ärzte und andere Gesundheitsberufe sich regional zu sogenannten „integrierten Gesundheitsnetzen“ zusammenschließen und „gemeinsam die Verantwortung für die Gesunderhaltung und möglichst optimale Betreuung eingeschriebener Versicherter“ übernehmen. „Statt zentralistischer Vorgaben sind passgenaue Lösungen vor Ort gefragt“, plädiert Gerlach. Betreuungspauschalen sollen die Fehlanreize in den Vergütungsstrukturen ersetzen und in Kombination mit „qualitätsbezogenen Anreizen“ die Gesunderhaltung von Patienten belohnen. Die Konsequenz seien weniger Arztbesuche und mehr Zeit der Mediziner für ihre Patienten. Zudem brauche es familienfreundliche Arbeitsbedingungen, eine Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium und neue Förderkonzepte für die hausärztliche Fachweiterbildung.

Der Herausforderung der optimalen Mittelverteilung müsse sich jede Bundesregierung nach der Wahl stellen. „Die durchaus wichtige Frage der Art der Beitragserhebung verblasst hinter der Bedeutung der hier skizzierten Aufgaben“, so Gerlach.

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