Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnt die potenziellen Koalitionspartner CDU, CSU und SPD davor, den Beitragssatz in der Pflegeversicherung zu erhöhen. „Arbeitnehmern und Betrieben nützt es wenig, wenn die Politik vollmundig Steuererhöhungen ausschließt und gleichzeitig die Beitragsbelastung in der Sozialversicherung dauerhaft erhöht“, sagte BDA-Präsident Dieter Hundt dem „Handelsblatt“. „Genau dies wäre aber der Fall, wenn die gesetzlich vorgesehene Absenkung des Rentenbeitragssatzes um 0,6 Prozentpunkte unterlassen und die Belastung mit Pflegeversicherungsbeiträgen erhöht wird.“
Die SPD hatte im Wahlkampf angekündigt, den Beitragssatz in der Pflege um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen. Mit den Mehreinnahmen sollten zusätzliche Pflegekräfte eingestellt und die Leistungen für Demenzkranke ausgeweitet werden. In der Union wurde ebenfalls Bereitschaft signalisiert, Leistungsausweitungen durch höhere Einnahmen zu finanzieren. CDU und CSU wollen aber vor allem die Leistungen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung für Frauen („Mütterrente“) erhöhen. Dies könnte finanziert werden, indem der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht oder nur geringfügig gesenkt wird. Aufgrund der robusten Konjunktur und der guten Beschäftigungslage sind die Kassen derzeit noch voll, so dass eine Senkung eigentlich angebracht wäre.
Ob die sich abzeichnende Große Koalition tatsächlich die Beitragssätze zur Sozialversicherung erhöht, ist aber keineswegs ausgemacht. Die Verhandlungen über eine gemeinsame Regierungsbildung laufen. Bei den derzeitigen Medienberichten handelt es sich eher um plausible Spekulationen denn um harte Fakten, ist aus den Büros von Bundestagsabgeordneten zu hören. Das gilt auch für die Mutmaßungen über das Personaltableau, etwa die Frage, wer Gesundheitsminister wird. Längst ist nicht sicher, ob einer der Verhandlungsführer, also der Christdemokrat Jens Spahn oder der Sozialdemokrat Karl Lauterbach, ins Ministerium an der Friedrichstraße einzieht.
Da die SPD womöglich das Arbeitsministerium für sich reklamieren wird, müsste beispielsweise auch ein neuer Posten für Ursula von der Leyen gefunden werden. Zwar ist man sich in Berlin weitgehend einig, dass der Wechsel ins Gesundheitsministerium eher ein Abstieg wäre, schließlich verfügt ihr derzeitiges Ressort über den größten Finanzposten im Kabinett. Im Gesundheitssystem entscheidet vor allem der mächtige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über die Verteilung von Geldern. Aber andererseits: Von der Leyen ist als ausgebildete Ärztin für den Posten prädestiniert und in der Bevölkerung sehr populär, so dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sie wohl im Kabinett halten will.
Eine andere derzeit gängige Spekulation geht so: Die SPD verzichtet auf das Außenministerium, das bisher stets der kleinere Koalitionspartner innehatte und bemüht sich um das mittlerweile nicht zuletzt in der Europapolitik überaus einflussreiche Finanzministerium. Dann könnte von der Leyen auch Außenministerin werden. Allerdings könnte auch Wolfgang Schäuble Anspruch auf diesen Posten erheben, wenn er das Finanzministerium an einen Sozialdemokraten übergeben muss. Was von der Leyen wieder ins Gesundheitsministerium drücken würde.
Alternativ stünde möglicherweise aber auch ein Wechsel in die EU-Kommission an, etwa nach der Europawahl im Frühjahr. Entsprechende Akzente hat sie bereits gesetzt. Vor gut zwei Jahren sagte von der Leyen im Interview des „Spiegel“: „Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder USA.“ Kanzlerin Merkel hatte sie daraufhin zwar zurückgepfiffen. Aber das liegt zwei Jahre zurück. Zuletzt hatte auch die Kanzlerin eine stärkere europäische Integration propagiert. Dabei könnte von der Leyen ihr aus Brüssel durchaus helfen. Das Personalkarussell dreht sich also – nicht zuletzt in den Phantasien von Journalisten.