Union und SPD haben in der Gesundheits- und Pflegepolitik die noch offenen Streitfragen geklärt. Das teilten die Verhandlungsführer Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) im Anschluss an die gestrige große Verhandlungsrunde mit. So soll der Zusatzbeitrag in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) künftig nicht mehr einkommensunabhängig als pauschaler Eurobetrag eingesammelt, sondern als prozentualer Aufschlag auf den Arbeitnehmeranteil des GKV-Beitragssatzes eingezogen werden. Der Arbeitgeberanteil bleibt auf 7,3 Prozent festgeschrieben.
„Das ist ein wichtiges Signal zum Erhalt von Arbeitsplätzen“, sagte Spahn. Steigende Gesundheitskosten würden so nicht automatisch auch die Arbeitskosten nach oben treiben. SPD-Verhandlungsführer Lauterbach stellte dagegen heraus, dass mit dem Ergebnis auch die „Kopfpauschale begraben“ sei. Er kündigte an, seiner Partei nun die Zustimmung zum Koalitionsvertrag empfehlen zu wollen. Lauterbach hatte sich in den Verhandlungen gegen einen Zusatzbeitrag und für eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung und zur Beitragsautonomie der gesetzlichen Kassen eingesetzt. Der jetzt geschlossene Kompromiss würde bedeuten, dass Kassen, die mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, den Arbeitnehmeranteil des allgemeinen Beitragssatzes erhöhen dürfen und dass auch dieser Anteil des Einkommens automatisch einbehalten würde. Bisher war der Zusatzbeitrag von den Mitgliedern per Überweisungsaufforderung verlangt worden.
Auch den zweiten großen Streitpunkt haben Union und SPD nach eigenen Angaben ausgeräumt: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung soll im Laufe der Legislaturperiode um insgesamt 0,5 Prozentpunkte steigen, was Mehreinahmen von 5 Milliarden Euro entspreche. Ein Fünftel davon soll in den Aufbau eines von der Bundesbank verwalteten Vorsorgefonds für geburtenstarke Jahrgänge fließen. Ein weiterer Teil des Geldes soll in den Aufbau des Pflegepersonals investiert werden. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach am Donnerstag von 100.000 neuen Stellen. Zudem sollen zusätzliche Leistungen vor allem für Demenzkranke finanziert werden.