Die Pflegeberufsverbände in Bayern haben Kritik an der Aussagekraft und Methodik der Pflegekammer-Umfrage im Freistaat zurückgewiesen. Das Anfang des Monats vorgestellte Ergebnis anzuzweifeln, zeuge von mangelnder methodisch wissenschaftlicher Kompetenz, sagte Marliese Biederbeck, Geschäftsführerin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) für die Region Südost/Bayern-Mitteldeutschland und Vorsitzende der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Pflegeberufe (Bay.Arge). „Wer jetzt das Votum der Berufsgruppe ignoriert, vertritt ganz offensichtlich andere Interessen, aber nicht die der Pflegefachpersonen.“
In der von TNS Infratest durchgeführten Umfrage hatten sich 50 Prozent für eine Pflegekammer ausgesprochen, 34 Prozent dagegen, 16 Prozent waren unentschieden gewesen. Während DBfK und Bay.Arge die Zahlen als klares Votum für eine Verkammerung werteten, forderte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) auf Trägerseite eine erneute Überprüfung durch die Landesregierung. Diese solle „sehr genau prüfen, ob ein derart schwaches Votum eine Basis für die Einrichtung einer Zwangskammer sein kann“, so bpa-Landeschef Kai Kasri. Auch die Gewerkschaft Verdi meldete umgehend Zweifel an: Von den rund 113.800 Pflegenden in Bayern hätten lediglich 1.000 Betroffene in landesweit 116 Einrichtungen eine Stimme abgegeben. Das entspreche einer Teilnahmequote von 0,88 Prozent und einer Zustimmung von 0,44 Prozent.
„Dies kann nicht als demokratische Legitimation und Handlungsauftrag für die Einrichtung einer Pflegekammer in Bayern interpretiert werden“, so Dominik Schirmer von Verdi Bayern. Die Gewerkschaft kritisierte zudem, dass die stimmberechtigten Mitarbeiter in den Einrichtungen von den Leitungskräften ausgewählt worden seien. „Die Seriosität der Befragung ist mehr als anzuzweifeln. Hier wurde das Wunschbild der Fragenden zugleich ‚mit sanftem Druck‘ als ‚Orientierung‘ für die Befragten vorgegeben“, so Schirmer.
Biederbeck verteidigte die Methodik der Befragung: TNS Infratest als zweitgrößtes Marktforschungsunternehmen der Welt habe in einem repräsentativen Querschnitt 1.000 Pflegende befragt und ein valides und verlässliches Ergebnis vorgelegt. Interessant sei im Übrigen, dass die Zustimmung umso höher war, je mehr die Befragten über eine Pflegekammer wussten. In dieser Gruppe habe die Zustimmung bei weit über 60 Prozent gelegen. Die Pflegenden erhofften sich eine stärkere Position im Gesundheitswesen, die Aufwertung des Berufsstandes und die Sicherung der Pflegequalität. Davon habe auch schon die große Demonstration in München 2011 gezeugt, bei der rund 25.000 Unterschriften für eine Pflegekammer gesammelt worden seien. „Bei der großen Bedeutung, die die Pflege in Zukunft haben wird, geht es im Gesundheitswesen nicht mehr ohne das Votum der Pflegefachpersonen“, so Biederbeck.