In Großbritannien sollen Forschungseinrichtungen, Pharmakonzerne und Versicherungsunternehmen ab Mitte des Jahres Zugriff auf Patientendaten des NHS haben. Der Nationale Gesundheitsdienst bereitet laut einem Bericht der Tageszeitung „The Guardian“ eine Datenbank vor, in die Informationen aus Patientenakten von Hausärzten und Krankenhäusern fließen sollen. Nach einer dreimonatigen Testphase ab März sollen Unternehmen öffentlicher oder privater Hand sich dann den Zugang in die Datenbank erkaufen können.
Erfasst werden laut dem Zeitungsbericht etwa Informationen über psychische oder Krebserkrankungen, aber auch zu Rauch- und Trinkgewohnheiten von Versicherten. Zu den gespeicherten Personendaten zählen neben Geburtsdatum, Postleitzahl, Ethnizität und Geschlecht auch die NHS-Versicherungsnummer. Kritiker sprechen darum nicht von anonymisierten, sondern „pseudonymisierten“ Daten: Für sich allein reichen diese nicht aus, um einen Rückschluss auf die Identität der Betroffenen zu ziehen, in Kombination mit anderen Datensätzen zu den selben Personen aber sehr wohl.
Ein Sprecher der zuständigen NHS-Stelle, des neu geschaffenen Health and Social Care Information Centre (HSCIC), verteidigte das Vorhaben gegenüber der Zeitung. Es gebe nur ein sehr geringes, theoretisches Risiko, dass bestimmte Patienten identifiziert werden könnten. „Sie könnten in der Lage sein, Menschen zu identifizieren, wenn Sie eine Menge Daten hätten. Es kommt darauf an, wie die Leute die Daten nutzen, wenn Sie sie einmal haben.“ Demgegenüber liegen die Vorteile für den NHS klar auf der Hand: Die umfangreiche Datengrundlage erleichtere etwa die Erforschung von Nebenwirkungen von Medikamenten oder die Qualitätsmessung für einzelne Abteilungen in bestimmten Krankenhäusern. Das führe zu medizinischen Fortschritten und werde letztendlich Leben retten. Datenschützer sehen hingegen die Privatsphäre von Patienten und Versicherten in Gefahr und fordern als Minimum eine regelhafte Überwachung von Zugriffen und Zugangsberechtigungen.