Arbeitgeber und Ökonomen attackieren die geplante Pflegereform, wie „Die Welt“ berichtet. Die beabsichtigte Anhebung der Beitragssätze um insgesamt 0,5 Prozentpunkte belaste nach einer Berechnung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die Beitragszahler um jährlich sechs Milliarden Euro, ohne die Pflegeversicherung auf eine langfristig tragfähige Grundlage zu stellen. „Mit den jetzt geplanten Leistungsausweitungen werden die Reserven der Pflegeversicherung trotz höherer Beitragssätze schon in wenigen Jahren aufgebraucht sein. Dann droht die nächste Beitragssatzanhebung“, warnt die BDA laut dem Bericht. Die Arbeitgeber vermissen Maßnahmen zur Kostensenkung und zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
Der Ökonom Bert Rürup erklärt zwar, dass es richtig sei, Demenzkranke in die Pflegeversicherung einzubeziehen, warnt aber, dass der Demenzgrad nicht so einfach zu bemessen sei wie körperliche Gebrechen: „Die Gefahr bei der geplanten Erweiterung des Pflegebegriffs ist, dass dies zum Einfallstor für eine deutliche Leistungsausweitung wird.“ Vor nicht finanzierbaren Leistungsausweitungen warnt auch der Direktor des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik Axel Börsch-Supan: „Mit der geplanten Pflegereform wird – ebenso wie mit den neuen Rentenleistungen – die verdeckte Staatsverschuldung erhöht.“ Die Politik verspreche Leistungen, die künftig nicht zu finanzieren seien. Als „Unfug“ bezeichnete Rürup den geplanten staatlichen Pflege-Vorsorgefonds.
Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen prophezeit eine Verdopplung des Beitragssatzes bis spätestens 2040 und Leistungskürzungen in einigen Jahren. Um dies zu vermeiden, fordert er eine Karenzzeit in der Pflegestufe I von drei bis sechs Monaten, die sukzessive auf ein Jahr ausgeweitet werden könne. Die Pflegeversicherung solle nur „das Großrisiko der teuren Langzeitpflege“ abdecken, schließlich gehe heute ein Großteil der Leistungen an Menschen, die diese nicht benötigten sondern selbst finanzieren könnten. 80 Prozent der Menschen seien durchaus in der Lage, finanzielle Eigenvorsorge zu betreiben.