Der Gesundheitsökonom Friedrich Breyer hat den von der Bundesregierung geplanten Pflegevorsorgefonds kritisiert und stattdessen für eine obligatorische kapitalgedeckte Zusatzversicherung plädiert. An letzterem führe kein Weg vorbei, um die Pflegeversicherung wirklich zukunftsfest zu machen, schreibt Breyer in einem heute veröffentlichten Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Den geplanten Fonds dagegen bezeichnet er als ungeeignetes Mittel. Neben einem zu geringen Finanzvolumen und der fehlenden Sicherung gegen staatliche Zugriffe und Zweckentfremdung basierten die Pläne auf einer falschen Grundannahme, weil es sich beim demografischen Wandel nicht um ein vorübergehendes Phänomen handele.
So seien nicht die als „Baby-Boomer" bezeichneten geburtenstarken Jahrgänge der 1960er, sondern vielmehr der anhaltende Geburtenrückgang seitdem für die demografische Schieflage verantwortlich und ein Ende dieser Entwicklung auch nicht abzusehen. Ein Fonds, der über 20 Jahre angespart und danach aufgelöst werde, wäre aber nur dann adäquat, „wenn es sich beim demografischen Wandel um ein vorübergehendes Phänomen handeln würde", so Breyer. Stattdessen werde es auch nach den für die Auflösung des Fonds vorgesehenen Jahren von 2034 bis 2053 keine Entspannung für System und Beitragszahler geben.
Bleibe die soziale Pflegeversicherung eine Teilkasko-Absicherung und sinke das Rentenniveau durch den Nachhaltigkeitsfaktor parallel weiter ab, „so werden immer mehr Pflegebedürftige die zweite Hälfte der Pflegekosten nicht mehr aus ihrem Einkommen oder aus ihren Ersparnissen bestreiten können, sondern werden der Sozialhilfe zur Last fallen, wie es vor Einführung der sozialen Pflegeversicherung der Fall war", warnt Breyer. Die von der schwarz-gelben Bundesregierung einst eingeführte freiwillige Zusatzversicherung sei weder eine zukunftsfeste noch verteilungspolitisch geglückte Lösung, da sie hauptsächlich von Besserverdienern genutzt werde und somit nicht zur Entlastung der Sozialkassen tauge. „Was nottut, ist ein Obligatorium mit gezielter Förderung der unteren Einkommensgruppen, die sich eine solche Zusatzversicherung andernfalls nicht leisten könnten", schreibt Breyer.