Mehr als zwei Drittel der 2,63 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zu Hause versorgt – die meisten von ihnen von Angehörigen. Das zeigt die Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts, die gestern veröffentlicht wurde. Demnach leben 71 Prozent oder 1,86 Millionen der Menschen, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, in den eigenen vier Wänden.
Der Großteil davon, 1,25 Millionen, erhalten laut der Statistik Pflegegeld. Das bedeutet, dass sie in der Regel allein durch Angehörige gepflegt werden. 616.000 Pflegebedürftige lebten ebenfalls in Privathaushalten, erhielten aber die Unterstützung ambulanter Pflegedienste. In Pflegeheimen waren 764.000 Menschen im Jahr 2013 untergebracht. Das waren 29 Prozent aller Pflegebedürftigen.
Die Statistik wird alle zwei Jahre erhoben. Im Vergleich zum Jahr 2011 hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland um 5 Prozent erhöht. Der Anstieg sei vor allem auf die älter werdende Bevölkerung zurückzuführen, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Beim Pflegegeldbezug habe es ein Plus von 5,4 und bei der Zahl der Betroffenen, die durch ambulante Dienste betreut wurden, von 6,9 Prozent gegeben. Die Anzahl der in Heimen vollstationär versorgten Pflegebedürftigen war um 2,9 Prozent höher.
„Die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts machen erneut deutlich, wie gravierend der Handlungsbedarf in der Pflege ist", sagte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, gestern. „Wir fordern die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine große Pflegereform auf den Weg zu bringen, die ganzheitlich, bedarfsgerecht und zukunftsfähig ausgestaltet ist. Nur so kann der Pflegenot wirksam entgegengetreten werden.
Die Situation von Pflegebedürftigen, von Pflegenden und Angehörigen müsse in Deutschland vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft grundlegend verbessert werden. Das Pflegestärkungsgesetz 1 habe zwar kleine Verbesserungen gebracht. Zentrale Herausforderungen der Pflege wie ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, die Stärkung von Prävention und Rehabilitation zur Vermeidung von dauerhafter Pflegebedürftigkeit, der Fachkräftemangel und das ungerechte Nebeneinander von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung seien aber nach wie vor ungelöst.
Mascher forderte, der Vermeidung von Pflegebedürftigkeit oberste Priorität in der Pflegepolitik einzuräumen. Derzeit werde der Grundsatz „Reha vor Pflege" kaum umgesetzt. „Es ist belegt, dass sich durch Prävention und Rehabilitation bei vielen älteren Patienten die Pflegebedürftigkeit vermeiden oder hinausschieben lässt. Wegen der geringen Unterstützung der geriatrischen Rehabilitation im Gesundheitssystem werden hohe Pflegekosten und viel persönliches Leid in Kauf genommen", so Mascher.
Außerdem kritisierte die VdK-Präsidentin, dass immer mehr Menschen „vom Pflegefall zum Sozialfall" würden. Die Zahl derjenigen, die Hilfe zur Pflege beantragen müssen, weil die Pflegekosten die Rente überstiegen, wachse seit Jahren. Nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts müssen derzeit rund 444.000 Pflegebedürftige diese Form von Sozialhilfe beantragen. Damit ist die Zahl in 2 Jahren um 8 Prozent gestiegen. Mascher: „Diese Zahlen belegen, dass zum einen die Leistungen der Pflegeversicherung erheblich angehoben werden müssen, und zum anderen, dass offenbar die sinkenden Renten Pflegebedürftigkeit zur Armutsfalle werden lassen. Bei beiden Entwicklungen muss gegengesteuert werden."