„Es ist imposant, hier oben zu stehen." Andreas Westerfellhaus war sichtlich beeindruckt, als er am Donnerstagnachmittag offiziell die mehr als 4.000 Teilnehmer des zweiten Deutschen Pflegetages auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Flughafens begrüßte. Die Kulisse machte nicht nur auf den Präsidenten des Deutschen Pflegerates Eindruck, sondern auch auf den Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums, Staatssekretär Lutz Stroppe. Der bestätigte in seinem Grußwort die Bemühungen der Bundesregierung, die Ausbildung in der Pflege hin zu einer generalistischen Ausbildung zu reformieren. Allerdings sieht die Bundesregierung dabei auch die 16 Landesregierungen in der Pflicht, schließlich sind sie für Bildungsfragen verantwortlich. Das betrifft nicht zuletzt Fragen der Finanzierung.
Zu den Arbeitsbedingungen in der Pflege sagte Stroppe: „Die Politik kann keine Tariflöhne schließen." Aber ungewollte Teilzeitarbeit in der Pflege sei sehr wohl ein Problem, dem sich die Regierung annehmen wolle. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, ergänzte das in seiner Rede am Freitagvormittag: „Tarifverträge fallen nicht vom Himmel, sondern müssen erkämpft werden." Die Pflege müsse sich besser organisieren. „Ich bin seit 40 Jahren Mitglied einer Gewerkschaft." Selbst wenn er sich über seine IG Metall oft ärgere, sagte Laumann. Zwar habe der Gesetzgeber die Pflegekassen verpflichtet, höhere Tariflöhne zu finanzieren. „Den Rest müsst Ihr Euch aber schon selber holen", rief Laumann den Anwesenden zu.
Zuvor hatte Pflegeratspräsident Westerfellhaus in seiner Rede unter lautem Applaus der Anwesenden ein Feuerwerk an Lob und vor allem Kritik über die Regierung abgeschossen. Positiv hob er hervor, dass sich bei der Entbürokratisierung „etwas entwickelt". „Endlich" komme auch der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff. Die auf dem Pflegetag vertretenen Politiker erneuerten das Versprechen, bis Ende des Jahres den gesetzlichen Rahmen für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff festzuzurren.
Westerfellhaus verlangte, dass die Politik die Einführung von Pflegekammern nicht blockieren dürfe, wie dies derzeit im Süden der Republik geschehe. Das im Zuge der Krankenhausfinanzierungsreform geplante Pflegestellenförderprogramm habe „seinen Namen nicht verdient", sagte er mit Blick auf lediglich 7.000 neue Stellen, die mit den 660 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren in den 2.000 Krankenhäusern finanziert werden könnten. Der Betrag habe ihn „erschüttert", als er die Eckpunkte gelesen habe. Mit Blick auf den Stellenabbau der vergangenen Jahre rief Westerfellhaus in Laumanns Anwesenheit: „Wir wollen unsere Kolleginnen und Kollegen zurück!" Wenn das beste Gesundheitssystem der Welt durch eine einfache Grippewelle an seine Grenzen stoße, dann sei offensichtlich etwas nicht in Ordnung.
Zur Ausbildungsreform stellte er fest: „Es liegen immer noch keine Ergebnisse vor." Die Generalistik sei nötig, und zwar jetzt, forderte Westerfellhaus und schloss daran an: „Es geht nicht darum, die Altenpflege abzuschaffen", sondern darum, einen einheitlichen Pflegeberuf zu etablieren für alle drei Bereiche. „Die Finanzierungsfrage ist schwierig", gestand er zu, „aber manchmal ist das auch eine Frage des Wollens".