Zu mächtig, zu träge, zu profitorientiert: Der Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion Karl Lauterbach ist mit den international tätigen Pharmaunternehmen hart ins Gericht gegangen. In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel" schreibt der Professor für Gesundheitsökonomie, der Nutzen eines Großteils neuer Krebsmedikamente auf dem Markt sei fragwürdig. Das Leben von Patienten würde teils nur um wenige Wochen oder Monate verlängert, die Lebensqualität leide jedoch. Zu Heilungen käme es fast nie, trotz Kosten von 50.000 bis 150.000 Euro pro Patient, so Lauterbach. Anlass des Gastbeitrags scheint ein Ende August erscheinendes Buch des Politikers über die Krebsforschung in der Pharmaindustrie zu sein.
Die hohen Preise seien mit den Forschungskosten nicht zu rechtfertigen, heißt es in dem Gastbeitrag im Spiegel weiter. „Die Pharmaindustrie behauptet zwar, Entwicklungskosten pro Medikament von mehr als einer Milliarde Dollar zu haben (so äußerten sich Lobbyisten etwa gegenüber Mitgliedern des Deutschen Bundestags)", schreibt er darin. Die aus seiner Sicht tatsächlichen Kosten von 100 bis 200 Millionen Euro seien aber schnell ausgeglichen. Er wirft den großen internationalen Pharmafirmen zudem vor, mehr Energie in ihre Marktmacht und Kontakte zur Politik zu stecken, um Zulassungsverfahren zu beschleunigen, als in die Grundlagenforschung. Diese liege hauptsächlich bei öffentlichen Forschungseinrichtungen, die die echten Innovationen entwickelten. Die geringe Umsatzquote von 1,3 Prozent für Grundlagenforschung behindere die Krebsforschung auf der einen Seite, die hohen Preise sprengten das deutsche Gesundheitssystem auf der Anderen, schreibt Lauterbach im Spiegel weiter.
Er kritisiert darüber hinaus, dass der „Pharmadialog" der Bundesregierung bislang das Thema Krebs ausgespart habe. Dagegen brauche es bessere und längere Zulassungsprüfungen und unabhängige Studien zum Behandlungserfolg. Patienten sollen aus Sicht von Lauterbach realistisch und unabhängig über Therapien aufgeklärt werden, „dann würden sich viele gegen die Behandlung entscheiden."