Bei der öffentlichen Expertenanhörung im Bundestag zum Pflegestärkungsgesetz 2 (PSG II) haben die Abgeordneten der Fraktion der Grünen die Frage der Personalsituation in den Mittelpunkt gestellt. In einem eigenen Neunpunkteantrag fordern die Grünen unter anderem, „schnellstmöglich ein bundeseinheitliches und verbindliches Instrument zur Personalbemessung in stationären Pflegeeinrichtungen und bei ambulanten Pflegediensten" zu entwickeln und einzuführen, das es ermöglichen solle, die Anzahl der benötigten Pflegekräfte objektiv aus dem tatsächlichen Pflegebedarf abzuleiten. Zwar sei mit dem PSG 2 geplant, bis Mitte des Jahres 2020 ein Personalbemessungsverfahren zu entwickeln und zu erproben. Dieser Zeithorizont sei jedoch zu lang. „Außerdem lässt die Bundesregierung völlig im Unklaren, ob es tatsächlich zur Einführung dieses Verfahrens kommen wird", argumentiert die Fraktion.
Außerdem wenden die Grünen sich nochmals ausdrücklich gegen die Einführung einer generalistischen Pflegeausbildung, zu der sich die Große Koalition verabredet hat, die aber bisher stockt. Das geplante Gesetz zur Pflegeberufsreform sei dahingehend zu überarbeiten, dass von einer vollständigen Zusammenführung der Pflegeberufe abgesehen werde und die spezifischen Fachkenntnisse der einzelnen Pflegeberufe erhalten blieben und weiterhin in der Ausbildung vermittelt würden, verlangen die Grünen. „Im Zusammenwirken mit den Ländern soll gezielt in die Schaffung von Ausbildungsplätzen investiert werden", fordert die Partei. Die von den Grünen bei der Anhörung befragte Einzelsachverständige Sabine Mattes sagte, sie können in einer einheitlichen Pflegeausbildung „für keine einzelne Berufsgruppe" Vorteile erkennen, weil Kompetenzen verloren gingen. Da die Grünen mittlerweile an neun von 16 Landesregierungen beteiligt sind, könnte es im Bundesrat schwer werden, die Generalistik durchzusetzen, sofern ein Gesetzentwurf von der Bundesregierung präsentiert wird, der zustimmungspflichtig ist. Pflegepräsident Andreas Westerfellhaus hatte jüngst im Interview mit Station24 seine Forderung nach Einführung einer generalistischen Ausbildung bekräftigt.
Die Sachverständige Mattes warnte bei der Anhörung ferner davor, Pflegekräfte ohne ausreichende Fachkenntnisse in stationären Einrichtungen einzusetzen. Dies sei insbesondere gefährlich, wenn es um an Demenz erkrankte Patienten im Endstadium gehe. Der Bremer Professor Heinz Rothgang warnte in seiner Antwort vor zu hohen Erwartungen an die Pflegereform. „Ich frage mich, ob die Heilserwartungen nicht überschießen", sagte er unter Bezug auf Versprechungen von Politikern, die das Ende der sogenannten Minutenpflege ankündigten. Zwar müssten Pflegekräfte künftig nicht mehr jede Minute ihrer Tätigkeit notieren, „aber Hetze und Druck drohen zu bleiben", sagte Rothgang.