Die Mehrheit der erwerbstätigen Deutschen steht der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf kritisch gegenüber. Das ist ein zentrales Ergebnis einer aktuellen Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP). Danach halten etwa 80 Prozent der Befragten die Vereinbarkeit für „eher schlecht" oder „sehr schlecht". Dieses Resultat führen die Autoren der Erhebung vor allem darauf zurück, dass die im vergangenen Jahr in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen noch nicht in der Bevölkerung angekommen sind.
Aber auch der Informationsgrad spiele eine entscheidende Rolle. Zwar böten die aktuellen gesetzlichen Regelungen vielfältige Entlastungsmöglichkeiten, „dennoch bleiben die Maßnahmen zu oft ungenutzt, da viele Berufstätige noch nicht ausreichend über bestehende Gesetze informiert sind", sagte der ZQP-Vorstandsvorsitzende Ralf Suhr am Dienstag in Berlin. Insbesondere die Familienpflegezeit ist der Analyse zufolge der großen Mehrheit unbekannt (84 Prozent). Das gelte selbst für Menschen, die eigene Erfahrungen in der Pflege hätten: Nicht einmal die Hälfte kenne die verschiedenen Angebote.
Darüber hinaus zeigt die Studie zahlreiche Vorbehalte der befragten Berufstätigen gegenüber der Familienpflegezeit. Rund drei Viertel nannte finanzielle Gründe, etwa ein Viertel der Teilnehmer gab organisatorische Probleme an. Außerdem wollen Arbeitnehmer die Familienpflegezeit nicht in Anspruch nehmen, weil sie berufliche Nachteile befürchten (43 Prozent). Aber auch die Angst, dass Arbeitgeber oder Kollegen kein Verständnis für die Situation aufbrächten, halte Erwerbstätige davon ab, die gesetzlichen Regelungen zur Pflege eines Angehörigen zu nutzen. Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass die Möglichkeiten der Politik, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu fördern, begrenzt seien, sagte Suhr. „Deshalb ist vor allem eine pflegesensible Unternehmenskultur gefordert."