Die Altenpflege wird ein Gewinner des geplanten neuen Pflegeberufegesetz sein. Das wollte der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), am Donnerstag in Berlin anlässlich des Aufrufs „Generalistik jetzt" deutlich machen. Es gehe darum, die Altenpflege aufzuwerten. Er verwies darauf, dass es in Deutschland in der Altenpflege noch immer fünf Bundesländer gebe, in denen Schulgeld gezahlt werden müsse. Insgesamt falle dabei jährlich eine Summe von 15 Millionen Euro an. Krankenpflegeschulen verfügen laut Laumann über ein doppelt so hohes Budget wie Altenpflegeschulen.
Diese Missstände können nach Ansicht des Pflegebeauftragten nur im Zuge des Pflegeberufegesetzes beseitigt werden. Er könne nicht verstehen, dass man in Deutschland junge Leute in der Pflege immer noch so ausbilde, dass sie später nicht entscheiden könnten, ob sie im Krankenhaus arbeiten wollten oder in der Altenpflege, sagte Laumann. Er habe manchmal den Eindruck, dass manche Leute die Generalistik verhindern wollten, mit dem Ziel, die Tätigkeitsfelder ihrer Mitarbeiter nicht zu erweitern. Mit Blick auf eine von Laumann bereits im vorvergangenen Jahr veröffentlichten Studie, nach der die Gehälter in der Altenpflege 25 Prozent unter dem Niveau der Krankenpflege liegen, sagte er: „Manchmal könnte man denken, dass die Gegner der Generalistik diesen Unterschied erhalten wollen."
Laumann gestand zu, dass etwa Altenpflegeschulen sich ernstzunehmende Sorgen um ihre Profession machen, fügte jedoch hinzu: „Wahr ist auch, dass es eine Triebfeder gibt, die nicht will, dass es die Emanzipation der Pflege gibt." Schließlich werde sich im Zuge der generalistischen Pflegeausbildung „das Machtgefüge in der Gesundheitspolitik verschieben". Zur Kritik aus der Kinderkrankenpflege an der Generalistik sagte Laumann: „Wenn Sie eine richtige Generalistik wollen, dann gehört die Kinderkrankenpflege dazu." Er verwies darauf, dass sich gerade in Berufsverband der Kinderkrankenpflege als Unterstützer der Generalistik geäußert habe. Es sei schwer vorstellbar, für den relativ kleinen Bereich der Kinderkrankenpflege gesonderte Strukturen vorzuhalten.
Pflegepräsident Andreas Westerfellhaus wies bei der gemeinsamen Pressekonferenz zu der Kampagne mit Laumann darauf hin, dass in 40 Modellen in ganz Deutschland eindeutig gezeigt worden sei, dass die Generalistik funktioniere. Kritik aus der Ärztelobby an der Generalistik wies er zurück: „Wenn Ärzte sagen, sie machen sich sorgen, mit wem sie in der Zukunft zusammenarbeiten müssen, dann kann ich nur sagen, wir machen uns heute schon sorgen, mit wem wir so zusammenarbeiten." Es gehe am Ende um die Bewohnerinnen und Bewohner. Der Präsident des Deutschen Pflegerats (DPR) betonte, dass es in dem Gesetz nun erstmals einen Paragrafen gebe, der Vorbehalte definiert, was man mit einer bestimmten Qualifikation an Tätigkeiten vollbringen dürfe.
Laut Laumann soll die neue generalistische Pflegeausbildung im Jahr 2018 oder 2019 starten. Er kämpfe dafür, dass es dafür im parlamentarischen Verfahren eine Mehrheit gebe. Noch immer melden Bundestagsabgeordnete seiner Partei öffentlich Bedenken an. Im von den Grünen mit dominierten Bundesrat steht am morgigen Freitag eine Empfehlung des Gesundheitsausschusses zur Abstimmung, die Generalistik um ein Jahr zu verschieben. Ohne Zustimmung der Länderkammer kann die Reform am Ende nicht in Kraft treten.
Die Ergebnisse eines Gutachtens aus Nordrhein-Westfalen (NRW), das Pflegeberufegesetz sei nicht kompatibel mit dem Grundgesetz, wies Laumann zurück. Man könne alles mit Hinweis auf die Verfassung kritisieren. Fakt sei, dass es im Bundesrat bisher keine Mehrheit gegeben habe dafür, die Generalistik zu stoppen. NRW-Sozialministerin Britta Steffens (Bündnis 90 / Die Grünen) hat sich als einer der entschiedensten Gegner der Generalistik positioniert.
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