Zwischen dem Personalbedarf und der tatsächlichen Ausstattung mit Personal in der Altenpflege besteht laut einem von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) erstellten Gutachten der Professoren Stefan Greß und Klaus Stegmüller von der Hochschule Fulda eine deutliche Diskrepanz. Die Gutachter sowie Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler verweisen auf die Notwendigkeit bundeseinheitlicher gesetzlicher Vorgaben für die Personalausstattung. Eine gute Versorgungsqualität in der stationären Altenpflege sei nur mit qualifiziertem Pflegefachpersonal möglich.
„An der Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent darf nicht gerüttelt werden", fordert Bühler weiter. „Wir brauchen sofort eine Lösung für die notwendige Personalausstattung, damit sie spätestens mit der Pflegereform zum 1. Januar 2017 wirken kann. Dass erst bis Mitte 2020 ein Verfahren zur Personalbemessung entwickelt werden soll, ist nicht akzeptabel. Es muss attraktiv werden, in der Altenpflege zu arbeiten. Dazu braucht es dringend mehr Personal und eine gute Bezahlung."
Der Forderung nach einer sofortigen bundeseinheitlichen Vorgabe widersprachen am Mittwochabend bei der Vorstellung des Gutachtens Vertreter der Regierungskoalition. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), verwies auf die Länderhoheit in dieser Frage. „Kein Bundesland hat bisher von seinem Recht Gebrauch gemacht, Vorgaben zu setzen", sagte der Sozialpolitiker. Er sagte ferner, dass im Zuge der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Anfang 2017 mit einer Verbesserung des Personalschlüssels zu rechnen sei. „Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff darf nicht personalneutral eingeführt werden", sagte Laumann und verwies auf zusätzliche 800 Millionen Euro, die im Zuge des Pflegestärkungsgesetzes II für Personal in der Altenpflege bereitgestellt worden seien.
Auch Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, verteidigte den Zeitplan, erst 2020 über bundesweite Personalvorgaben zu entscheiden. Sie warnte vor „Schnellschüssen" und sagte: „Wenn die Personalbemessung Hand und Fuß haben soll, braucht man zweieinhalb Jahre Vorbereitungszeit." Laumann fügte hinzu, dass er im kommenden Jahr „einen deutlichen Aufbau" an Personal in der ambulanten Pflege erwarte, auch deshalb, weil im Zuge der Pflegereform mehr Geld für Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen bereitgestellt würde. Allein für Nordrhein-Westfalen prognostizierte er 5.500 zusätzliche Stellen.