Kurz vor einer Einigung in den langwierigen Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Charité gibt es unerwartet heftigen Krach zwischen den Verhandlungspartnern. Der Grund: Die Klinikleitung will nach Angaben von Verdi auch nicht ausgebildete Pflegefachkräfte in die Personalbemessung für die Stationen einbeziehen. „Es kann nicht in der alleinigen Definitionshoheit des Arbeitgebers liegen, welches Personal erforderlich ist, um die notwendige Personalausstattung auf Station zu erreichen", sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel am Freitagvormittag in Berlin.
Der Klinikvorstand blockiert laut Verdi den Abschluss des Tarifvertrags, bei dem bereits weitgehend Einigkeit erzielt worden sei.. „Eine Pflegefachkraft soll jetzt durch eine Servicekraft ersetzt werden", beschwerte sich Carsten Becker, Verdi-Betriebsgruppenvorsitzender an der Charité, und verwies auf 1.900 Gefährdungsanzeigen allein seit September 2015. Becker sagte mit Blick auf den Deutschen Pflegetag in der kommenden Woche weiter: „Die Beschäftigten der Charité bekommen nächste Woche vom Deutschen Pflegerat einen Pflegepreis, keinen Servicepreis."
Vor dem Hintergrund des von der Charité zu Wochenbeginn präsentierten Jahresüberschusses in Höhe von 3,7 Millionen Euro sagte er, dass für eine Ausstattung mit ausreichend Fachkräften etwa sieben Millionen Euro nötig seien. Dies würde also zu einem Verlust bei der Uniklinik in Höhe von 3,3 Millionen Euro führen. Damit wäre die Charité aus Beckers Sicht immer noch nicht schlechter als fast alle anderen deutschen Universitätskrankenhäuser.
Verdi fordert seit Jahren unter anderem mehr Pflegepersonal. Nach zehn Tagen Streik einigten sich beide Seiten Anfang Juli 2015 auf Eckpunkte für einen Tarifvertrag. Im Dezember hatten beide Seiten erklärt, es müssten lediglich noch juristische Fragen und Übergangsregelungen geklärt werden.