Der dritte Deutsche Pflegetag ist eröffnet. In einer emotionalen Begrüßungsrede sagte Pflegepräsident Andreas Westerfellhaus am Donnerstagnachmittag: „Es ist beeindruckend, dass Sie mit Ihrer Anwesenheit zeigen, was wir brauchen. Nämlich die Demonstration einer großen und starken Berufsgruppe. Sie wissen gar nicht, wie wichtig das ist." Laut Veranstalter ist bis Samstag mit 6.500 Besuchern in Berlin zu rechnen. Zentrales Thema der politischen Debatte vor Ort ist das neue Pflegeberufegesetz, mit dem die bisherigen drei Berufsbilder in der Gesundheits- und Kranken-, Gesundheits- und Kinderkranken- sowie Altenpflege zu einer gemeinsamen generalistischen Ausbildung verschmolzen werden.
Westerfellhaus verwahrte sich gegen Kritik und sagte zum Pflegeberufegesetz: „Wir brauchen es jetzt!" Sein Appell an die Pflegefachpersonen in Deutschland: „Informiert Euch über die Inhalte, lasst Euch nicht von interessengeleiteten Falschmeldungen in die Irre führen." Weiter rief der Pflegepräsident den Anwesenden zu: „An die Arbeitgeber und Teile der Ärzteschaft: Haltet Euch raus! Es geht um unsere Profession!" Er freue sich „unheimlich" über den großen Zuspruch zum Pflegetag. „Ich freue mich auf drei spannende Tage mit Ihnen. Wir sind eine starke Profession. Lassen wir uns nicht auseinanderdividieren!"
Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sagte in einem Grußwort, dass das Pflegeberufegesetz wie vom Bundesrat gefordert wohl erst 2019 in Kraft treten werde. Eine Mehrheit für das Gesetz in der Länderkammer ist derzeit in der Tat noch fraglich. Westerfellhaus hatte bereits am Vormittag im Rahmen einer Pressekonferenz einer Verschiebung eine Absage erteilt. Einig zeigte er sich mit der klaren Befürwortung Czajas von Pflegekammern. Czaja erklärte: „Wir haben es nicht geschafft, die Pflegekammer in Berlin einzuführen, weil unser Koalitionspartner das nicht will." Die Berliner Sozialdemokraten fielen damit in Deutschland aus der Reihe. Als erstes Bundesland hat das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz vor Kurzem eine Pflegekammer eingerichtet. Auch in Berlin hatte sich in einer Umfrage die Mehrheit der Pflegefachkräfte für eine Kammer ausgesprochen. Czaja ging einen Schritt weiter: „Spätestens in der nächsten Legislaturperiode haben wir eine deutsche Pflegekammer."
In seiner Keynote-Rede wies der Pflegebeauftrage der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), auf die umfangreiche Pflegereform in der laufenden Legislaturperiode hin. „Wir haben eine neue Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs gemacht. Er ist nicht von der Politik erarbeitet worden. Er ist ein Ergebnis der pflegewissenschaftlichen Diskussion." Wirklich spannend werde es aber jetzt, wo es um die Umsetzung in den Bundesländern gehe. Relativ einfach sei dies mit Blick auf die ambulante Pflege, weil es dort vor allem um die Auszahlung der Gelder an die Pflegebedürftigen gehe. Schwieriger sei die Umsetzung in stationären Einrichtungen.
Laumann stellte klar: „Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff lässt sich in keiner einzigen Einrichtung in Deutschland umsetzen, wenn nicht auch etwas beim Personalschlüssel passiert." Die Pflegeversicherung gebe künftig drei Milliarden Euro mehr aus, davon 800 Millionen für den stationären Sektor. „Da kann es doch nicht sein, dass die Pflegeheimbetreiber sagen, wir machen eine personalneutrale Überleitung. Wo soll das Geld denn bleiben?" Er verwies auf Niedersachsen, wo eine Rahmenvereinbarung nicht mehr Personal vorsehe. Laumann: „Wer unterschreibt denn so einen Schwachsinn? Es geht um die Glaubwürdigkeit des Systems."
Der Pflegebeauftrage stellte das Thema Personalausstattung mit ins Zentrum seiner Rede. Er verwies darauf, dass es in der Hoheit der Regierungen der Bundesländer liege, Personalschlüssel in der Altenpflege vorzugeben. Davon habe noch keine einzige Landesregierung Gebrauch gemacht. Sämtliche vorhandene Schlüssel seien das Ergebnis von Verhandlungen. Auch in den Krankenhäusern sei eine bessere Ausstattung mit Personal nötig. Laumann sagte, dass die Krankenhäuser an den Finanzen für die Pflege sparten, um nötige Investitionen zu finanzieren, für die die zuständigen Bundesländer wiederum nicht ausreichende Gelder zur Verfügung stellten. Zuvor hatte auch sein Parteifreund aus Berlin, Czaja, darauf hingewiesen. Er warte noch darauf, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Qualitätsvorgaben nicht nur mit Blick auf die Ärzte-Ausstattung erlasse, sondern auch auf die Vorhaltung von Pflegekapazitäten.