In Deutschland hat der Abrechnungsbetrug ambulanter Pflegedienste offenbar eine neue Dimension erreicht. Das geht aus Informationen des Rechercheteams des Bayerischen Rundfunks „BR Recherche" und der Zeitung „Welt am Sonntag" hervor. Den entsprechenden Berichten zufolge soll das Bundeskriminalamt (BKA) vor allem russische Pflegedienste im Blick haben, die systematisch und bundesweit kommunale Sozialhilfeträger und gesetzliche Kranken- und Pflegekassen betrügen. So würden beispielsweise Leistungen abgerechnet, die eigentlich von Fachkräften absolviert werden müssten. Tatsächlich übernähmen aber nicht qualifizierte Hilfskräfte diese Aufgaben.
Darüber hinaus hätten die Betrüger-Dienste das Geschäft mit schwerstkranken Intensivpatienten für sich entdeckt, die vermeintlich rund um die Uhr versorgt werden müssen. Die inzwischen organisierten Banden könnten mit ihnen monatlich bis zu 15.000 Euro illegal abrechnen, so die Sonntagszeitung. Insgesamt liegt der Schaden aus den Betrugsmaschen laut Medienberichten bei jährlich mindestens einer Milliarde Euro. Regionale Schwerpunkte gebe es in Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
In der Konsequenz fordern Experten nun mehr Kontrollen gegen den bewussten Pflegebetrug. Der Vorstand des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Gernot Kiefer, sagte dem BR und der „Welt am Sonntag", dass es einen „ganz klaren Hinweis" gebe, „dass der Gesetzgeber den Krankenkassen die Möglichkeit geben müsste und dafür auch eine gesetzliche Grundlage schafft, dass wir auch bei häuslicher Krankenpflege unangemeldetes Prüfrecht bekommen". Derzeit gebe es ein systematisches Prüfrecht für die Kassen nicht. „Wir prüfen bezogen auf die Leistung der Pflegeversicherung. Aber wenn sie ambulant erbracht werden, dann ist die Prüfvorgabe alle halbe Jahr und nicht unangemeldet. Und damit ist man instrumentell auf der Verliererseite." Der SPD-Gesundheitsexperte, Karl Lauterbach, bezeichnete den Abrechnungsbetrug am Montag im ARD-Morgenmagazin „moma" als einen der „größten Skandale im Gesundheitssystem".