Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) beschlossen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärt dazu, dass mit dem Gesetz Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen aufgewertet würden. „Dabei gehen wir mit Augenmaß vor und werden die zusätzlichen Spielräume bei der Vergütung für Heilmittelerbringer nach drei Jahren überprüfen sowie die Einführung der ‚Blankoverordnung‘ in Modellvorhaben testen."
Die Regierung reagiert mit ihrem Gesetzentwurf vor allem aber auf Kritik, dass die gesetzlichen Krankenkassen für Hilfsmittel wie Hörgeräte, Windeln oder Rollstühle unzureichende finanzielle Mittel bereitstellen, so dass Patienten entweder mit Produkten minderer Qualität versorgt würden oder hohe Zuzahlungen in Kauf nehmen müssten. Deshalb werde der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 das Hilfsmittelverzeichnis grundlegend zu aktualisieren, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Neben dem Preis soll bei Ausschreibungen künftig auch die Qualität eine Rolle spielen.
Zudem würden die Krankenkassen verpflichtet, auch bei der Hilfsmittelversorgung, die im Wege der Ausschreibung zustande gekommen sei, ihren Versicherten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen aufzahlungsfreien Hilfsmitteln einzuräumen. Künftig müssten die Krankenkassen ferner die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Leistungserbringer mit Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen kontrollieren. Darüber hinaus will Gröhe die Leistungserbringer verpflichten, bei der Abrechnung mit den Krankenkassen auch die Höhe der mit den Versicherten vereinbarten Mehrkosten anzugeben. So will der Minister Transparenz über die Verbreitung und Höhe von Aufzahlungen schaffen.
Kritik an den im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen im Heilmittelbereich übte der Verband der Ersatzkassen (VDEK). Vorstandsvorsitze Ulrike Elsner warnte vor dem Vorhaben der Regierung, flächendeckende Modellvorhaben zu etablieren, in denen Ärzte ihren Patienten Blanko-Rezepte zum Beispiel für Physio- oder Ergotherapie ausstellen sollen. Über Art und Umfang der Behandlung soll dann der Therapeut entscheiden. Elsner: „Was versichertenfreundlich klingt, birgt hohe Kostenrisiken zulasten der Versicherten, denn es fehlen klare, rechtssichere Regelungen, wer die Mengen- und Ausgabenentwicklung steuern und auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots achten soll. Diese Verantwortung müsste von den Ärzten auf die Heilmittelerbringer ausgedehnt werden. Es wäre besser, zunächst die Ergebnisse bereits laufender Modellvorhaben zum Blanko-Rezept abzuwarten, bevor hier eigene Strukturen aufgebaut werden."
Elsner kritisierte auch den Plan, Vergütungssteigerungen für Heilmittelerbringer von der Entwicklung der Grundlohnsumme zu entkoppeln. Dies berge das Risiko, die Heilmittelversorgung deutlich zu verteuern, so Elsner. Die Ausgaben der GKV für Heilmittel seien - insbesondere bedingt durch eine Zunahme bei den Verordnungen und die Vergütungsentwicklung bei den Therapeuten - allein in den letzten fünf Jahren um 1,5 Milliarden Euro angestiegen. Dies entspreche einer Steigung von 15 Prozent.