Die Sicherung der Finanzierung von Pflegeheimplätzen für Bewohner mit geringen finanziellen Mitteln und geringem Pflegebedarf sorgt für Zwist zwischen Union und SPD, wie aus Aussagen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf Anfrage von Station24 hervorgeht. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) hatte am Dienstag in einer Pressemitteilung auf ein Problem aufmerksam gemacht, das sich aus dem dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) ergibt. Dieses Gesetz befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. In dem Entwurf fehle für das Sozialhilferecht eine Regelung, durch die ab dem 1. Januar 2017 für Heimbewohner, die nicht in die Pflegegrade zwei bis fünf eingestuft werden, die Finanzierung der Heimkosten durch den Sozialhilfeträger sichergestellt sei, erklärte der bpa.
Aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und dem pflegepolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagfraktion Erwin Rüddel verzögert das von Andrea Nahles (SPD) geführte Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eine Lösung für das Problem. Rüddel stellte am Dienstag in einer eigenen Pressemitteilung unter anderem fest: „Dem für das Sozialhilferecht zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist dieses Problem seit Monaten bekannt. Ich fordere die zuständige Bundesministerin Andrea Nahles auf, hier endlich für eine Lösung zu sorgen, die ab dem 1. Januar 2017 Gültigkeit hat."
Auf Anfrage von Station24 erklärte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit Blick auf das PSG III: „Wir werden im weiteren parlamentarischen Verfahren dafür sorgen, dass auch diese Menschen nach dem 1. Januar 2017 weiterhin gut in Pflegeeinrichtungen versorgt werden. Auch für diese Menschen gilt die Zusage, dass niemand durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes schlechter gestellt werden wird. Hier ist das zuständige BMAS in der Pflicht, entsprechende Überleitungsregelungen vorzuschlagen."
Betroffen von der Neuregelung wären laut bpa ältere Menschen, die einen geringen Pflegebedarf haben, aber trotzdem nicht mehr alleine in ihrer Wohnung leben könnten. „Bereits jetzt weigern sich einzelne Sozialhilfeträger, die bestehenden Vereinbarungen mit den Pflegeheimen über das Jahr 2016 hinaus zu verlängern", führte der Verband weiter aus. Bleibe der Gesetzgeber bei seiner Absicht, müssten die Pflegeheime bis zu 80.000 Heimbewohnern kündigen, da die Heimkosten nicht gezahlt werden könnten. Mit der Pflegereform sei zugesichert worden, dass sich die Versorgungssituation für niemanden verschlechtere, argumentierte bpa-Präsident Bernd Meurer. „Wenn nun in der Sozialhilfe der Anspruch für viele Heimbewohner der sogenannten Pflegestufe 0 abgeschafft werden soll, stehen bis zu 80.000 Heimbewohner vor einer völlig unsicheren Zukunft", warnte Meurer.
Das BMAS wies die Kritik auf Anfrage von Station24 zurück, schließlich liege die Federführung für das PSG III beim Gesundheitsministerium. Jedoch ergänzte ein Sprecher: „In diesem dritten Pflegestärkungsgesetz wird es entgegen der Berichterstattung heute keine Gesetzeslücke geben. Ziel ist, dass ein Heimplatzverlust vermieden wird." Die Zahl von 80.000 Senioren, denen ein Heimplatz-Verlust drohe, sei „völlig aus der Luft gegriffen". Die auch am Dienstag in der „Bild-Zeitung" genannten betroffenen Personen mit der sogenannter Pflegestufe 0 werden laut BMAS auch in Zukunft Leistungen der Hilfe zur Pflege erhalten, da sie weitgehend insbesondere bei eingeschränkter Alltagskompetenz mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft würden und somit einen Anspruch auf stationäre Leistungen auch nach dem Recht der Hilfe zur Pflege hätten. „Soweit Personen nur in Pflegegrad 1 eingestuft werden, werden Leistungen in Form eines Entlastungsbetrags entsprechend der für diesen Pflegegrad geringen Beeinträchtigung erbracht", erklärte das BMAS weiter. Soweit ein weitergehender notwendiger Bedarf bestehe, der nicht in einer Pflegebedürftigkeit begründet sei, kämen Leistungen nach anderen entsprechenden sozialrechtlichen Vorschriften (SGB XI) in Betracht, zum Beispiel Hilfe zum Lebensunterhalt oder Hilfe in sonstigen Lebenslangen.