Zahlreiche Zusagen an das Pflegepersonal sind laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingehalten worden. Den Vorwurf von Gewerkschaften, er habe Versprechen gebrochen, wollte er am Mittwoch auf einer Demonstration von Verdi in München deshalb nicht gelten lassen.
Tarifverträge abzuschließen, liegt in der Verantwortung von Gewerkschaften
Kernproblem bleibe aber der Personalmangel, sagte er während der Veranstaltung, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.
Wenn ausgebildete Pflegefachpersonen nicht in den Beruf zurückkehrten, könnten die Stellen nicht besetzt werden.
"Alle suchen Personal. Wir sind in einer Spirale, die über viele Jahre in die falsche Richtung gegangen ist."
Die Regierung habe die Pflege aus dem Kostendruck im Gesundheitssystem rausgenommen, indem die Pflegeleistungen von den Fallpauschalen in Krankenhäusern entkoppelt wurden. Nunmehr seien Krankenkassen verpflichtet, Tariferhöhungen in voller Höhe zu finanzieren. Es liege aber in der Verantwortung der Gewerkschaft, Tarifverträge abzuschließen.
Spahn: "Bundesregierung hat Vorarbeit geleistet"
Die Bundesregierung habe mit gesetzlichen Regelungen Vorarbeit geleistet, zitiert die dpa Spahn weiter. Darunter falle z. B. die Verpflichtung für Arbeitgeber, Tariflohn zu zahlen, wenn sie mit den Kassen abrechnen wollen. Auch für die Ausbildung von Pflegepersonal seien Verbesserungen erreicht worden, etwa in der Ausbildungsvergütung und dem Wegfall von Schulgeld in Pflegeschulen.
Die Verdi-Demonstration begleitete die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern, die am Mittwoch online stattfand. Der Vorsitzende der Konferenz, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), sagte, es brauche eine Revolution in der Pflege und betonte:
"Tarifverträge sind das eine, Arbeitsbedingungen sind das andere."
Neben der Demonstration in München gab es deutschlandweit weitere Aktionen der Gewerkschaft, u. a. in Hannover, Düsseldorf und Hamburg.
Verdi-Befragung belegt gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Überlastung
Am Mittwoch veröffentlichte Verdi auch ihr aktuelles "Versorgungsbarometer". An der Befragung nahmen rd. 12.000 Beschäftigte aus Krankenhäusern, Psychiatrien, Altenpflege und Servicebereichen teil. Die Ergebnisse belegten "eindrücklich" gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Überlastung, kommentierte Verdi.
So können sich z. B. 78 % der Befragten nicht vorstellen, ihren Beruf unter den aktuellen Bedingungen bis zum gesetzlichen Rentenalter ausüben zu können.
Nahezu drei Viertel der Befragten müssen nach eigener Einschätzung mit einer (viel) zu geringen Personalausstattung arbeiten.
Die Mehrheit der Auszubildenden muss teilweise oder ganz ohne strukturierte Praxisanleitung auskommen.
43 % der Befragten im Krankenhaus gaben an, Patientinnen und Patienten könnten nach einer OP nicht immer engmaschig überwacht werden.
In der Altenpflege fehlt fast 3 von 4 Beschäftigten Zeit, Gespräche zu führen und zuzuhören – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen.