Stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste geraten zunehmend unter Druck. Insbesondere die wirtschaftliche Situation und Fachpersonalmangel bereiten Sorgen, wie eine Ad-hoc-Umfrage der Diakonie Hessen zeigt, an der sich knapp 100 Einrichtungen der Altenhilfe beteiligt haben.
Verschlechterte Liquidität, eingeschränktes Leistungsangebot
So schätzt die Mehrheit der teilgenommenen hessischen Pflegeeinrichtungen die künftige Liquidität schlechter ein als bislang. Ein Drittel sieht sich sogar von Insolvenz bedroht. Das teilte die Diakonie Ende vergangener Woche mit. Akuter Personalmangel führe dazu, dass 75 Prozent der Einrichtungen ihre Leistung in den vergangenen sechs Monaten einschränken mussten.
Das wiederum bedinge auch, dass Einrichtungen und Dienste zunehmend steigende Kosten vorfinanzieren müssen. Diese Vorfinanzierungsfähigkeit reiche jedoch bei über 42 Prozent der teilnehmenden Einrichtungen nicht einmal für einen Monat aus.
Attraktivität des Pflegeberufs leidet
Zusätzlich leide die Attraktivität des Pflegeberufs. Offene Stellen blieben zu lange unbesetzt. Die Lücke in der Versorgung werde oftmals über den Einsatz teurer Leiharbeit oder Überstunden des Stammpersonals überbrückt.
Allerdings könne das zu einem höheren Krankenstand führen und die Arbeitsbelastung für das verbleibende Personal weiter erhöhen, teilte die Diakonie Hessen besorgt mit.
Der Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, Carsten Tag, sagte:
"Die Einrichtungen sind nicht mehr krisenfest. Es mussten bereits Wohnbereiche geschlossen werden und Neukunden müssen lange Wartelisten in Kauf nehmen. Die Situation ist prekär."
In einem Forderungskatalog plädiert die Diakonie Hessen für weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung sowie eine grundlegende Finanz- und Strukturreform. Für nachhaltig bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege sei zudem mehr Rückendeckung von Landesseite notwendig. Dazu gehörten die Refinanzierung von flexibleren Arbeitsmodellen wie Springerpools und auch eine für Pflegeschulen ausreichend finanzierte Ausbildung.
Bundesrat billigt PUEG
Eine bundesweite Umfrage der Diakonie Deutschland sowie des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege hatte bereits Anfang Mai unter anderem ergeben, dass mehr als zwei Drittel der Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste in der Diakonie in den vergangenen sechs Monaten Leistungen aufgrund von Personalmangel sowie kurz- und langfristigen Erkrankungen von Mitarbeitenden einschränken mussten.
Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG), das am 26. Mai im Bundestag verabschiedet und vergangenen Freitag vom Bundesrat gebilligt wurde, lasse "die große notwendige Reform der Pflege" vermissen, kritisierte die Diakonie. Die Pflege stehe vor der Krise.